Willi Kissmer * 1949 in Lienen/Tecklenburg

1971–1977 Studium der freien Grafik bei H. Schardt, Folkwanghochschule Essen-Werden

Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl):

  • Essen, Folkwang Museum
  • Essen, Galerie Gierlich
  • Essen, Forum Bildender Künstler
  • Münster, Städt. Landesmuseum
  • Trier, Städt. Galerie
  • Gelsenkirchen, Halfmannshof
  • Miami, USA, Grafik Biennale
  • Offenburg, Internatinale Senefelder Stiftung
  • Mülheim/Ruhr, Stadthalle
  • Duisburg, Wilhelm Lehmbruck Museum, Niederrheinisches Museum
  • Köln, Inter Art Galerie Reich
  • Art Basel Galerie Reich
  • Freudenstadt, Galerie Christophal
  • Barcelona, Galerie Syra
  • Essen, Galerie Aviva
  • Meerbusch, Ton Galerie
  • Kiel, Galerie Kurowski
  • Kevelaer, Galerie Rogmann
  • Düsseldorf, Landesvertretung NRW
  • Xanten, Galerie Lörx
  • Düsseldorf, Art Multiple, Galerie Luther
  • Dinslaken, Galerie Luther
  • Berlin, Galerie Fögen
  • Gescher, Arte-Fakt

Ein Tuch, ein Nachthemd, ein Schal an der Wand verlieren ihre Banalität und entfalten mit verfremdeten Farben exotische Reize, kultische Bedeutung. Nicht die Realität werde von ihm dargestellt, sagt Kissmer, sondern eine neue Realität geschaffen: ‚Der Maler greift einzelne Dinge aus seiner Umgebung heraus und stellt sie als etwas Besonderes dar; sein Ziel ist das ideale Bild, der ideale Eindruck; er ist nicht Realist, sondern Idealist.‘
Die Darstellung des völlig nackten Menschen erscheint dem Rheinländer auf Dauer platt und langweilig. Er will über diese Art von Akt hinaus, findet es erotischer, anziehender, wenn sich der Frauenkörper unter zartem Gewebe abzeichne, der Stoff ‚zum Detektor‘ dessen werde, was unter ihm ist und atmet. In Verbindung mit Textilien ergäben sich bei der Aktdarstellung unendlich viel mehr Möglichkeiten als ohne. Der Körper artikuliere sich durch das Tuch, durch die von Schwerkraft oder Bewegung verursachten Falten, auf immer neue Art.
Es sind enthüllende Verhüllungen, die der Mann im Hebeturm da mit Acrylfarben malt oder in Kupferplatten schabt. Die Bildideen entwickelt er in seinem Kopf; für die weitere Ausführung steht ihm seit nunmehr zwanzig Jahren Beate Modell. Geduldig läßt sich die Frau mit Tüll drapieren, mit Tüchern umwickeln oder Stoffstreifen fesseln, bis die Falten über ihrer Haut in idealen Linen verlaufen und der Maler das lebende Kunstwerk, bevor es sich durch eine Bewegung selbst zerstört, mit einem Schwarzweißfoto festhält.
Erst nach umfangreichen Vorbereitungen, bei denen jeder Mißgriff alles wieder zerstören kann, überträgt der Radierkünstler auf die Metallplatte eine Vorzeichnung. Sie ist dann maßgebend dafür, an welchen Stellen und bis zu welcher Tiefe die Asphaltstäubchen in mikroskopisch genauer Pfriemelarbeit langsam wieder abzuschaben sind, bis endlich nach vielen Stunden das gewünschte Abbild auf der Platte sichtbar wird, von der dann später etwa zweihundert graphische Blätter gedruckt werden können.
So ist auch ‚Rückenakt‘ entstanden, eine der erfolgreichsten Radierungen von Willi Kissmer. In dunklen warmen Brauntönen gedruckt, läßt das Blatt nahezu plastisch Beates schöne Kehrseite hervortreten, auf der ein glänzender Stoff mit idealen Falten auf die lustvollste Weise weibliche Formen zu erotischer Geltung bringt. Es ist eines der Bilder, bei denen Kissmer beobachtete, dass es Frauen wie Männer gleichermaßen in seinen Bann zieht.

Winfried Maaß